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Internationale Bonhoeffer-Tage in Stettin am 16. und 17. Juni 2018

 

Mitglieder mit Begegbungstagung versammlung vom 23.-25.11. in der Versöhnungskirche in Travemünde

 

6. Studientag der AG für pommersche Kirchengeschichte:

„Pomerania non cantat?“ – Pommern singt nicht?

 

 

Zum Ende des Kirchenjahres

 

Es ist wieder soweit. Viel zu früh wie in jedem Jahr sind die Regale in den Supermärkten voll mit Weihnachtszubehör. Man kann sich darüber ärgern und mit der Hannoverschen Initiative den aussichtslosen Kampf führen unter der Überschrift „Advent ist im Dezember“. Aber es hilft nichts, es ist wieder soweit. Also machen wir aus der Not eine Tugend und führen uns vor Augen, dass das Kirchenjahr zu Ende geht. Und das nun ist die Aufforderung und die Gelegenheit für uns, in Ruhe und – wie man früher sagte – in Bußfertigkeit über unser Leben nachzudenken und über den Glauben, der uns Orientierung und Hoffnung schenken will. Bußfertigkeit – dieses altmodisch klingende Wort ist aktuell. Denn nicht nur, dass Advent im Dezember ist, droht mehr und mehr in Vergessenheit zu geraten, sondern auch, dass die vorweihnachtliche Adventszeit eigentlich wie die vorösterliche Passionszeit eine Buß-, eine Fastenzeit ist. Die violetten Farben der Antependien werden uns daran erinnern, und es gibt gute Gründe dafür!

 

Also: es ist wieder soweit. Wir dürfen in Ruhe über das Wesentliche nachdenken. Dabei hilft uns in besonderer Weise der Philipperbrief des Apostels Paulus, der hier in unfreiwilliger Ruhe seinen bisherigen Weg überdenkt und nach dem fragt, was bleibt und was kommen wird. Unfreiwillig, denn er schreibt diesen Brief aus einer Gefängniszelle, wahrscheinlich in Ephesus, wo er wegen Blasphemie und staatsfeindlichen Umtrieben eingekerkert ist, ein drohendes Todesurteil vor Augen. Er schreibt an seine Lieblingsgemeinde in Philippi, der ersten von ihm auf europäischem Boden gegründeten Gemeinde.

 

Wie ein roter Faden zieht sich der Wunsch des Gemeindegründers durch seinen Brief hindurch, dass die Gemeinde wachsen möge, ein Wunsch, den wir alle wohl auch für unsere gebeutelte und schrumpfende Kirche haben und für jede Gemeinde in Pommern und der ganzen Welt. Wie kann das geschehen? Durch Aufsehen erregende Aktionen und Events? Durch Anpassung an die verlockenden Zeitgeister? Durch trotziges Festhalten am Althergebrachten?

 

Paulus gibt eine andere Empfehlung: er setzt auf Wachstum durch Erkenntnis, Erfahrung und nüchternes Prüfen. „ Ich bete darum, dass eure Liebe je mehr und mehr reich werde an Erkenntnis und aller Erfahrung, dass ihr prüfen möget, was das Beste sei, auf dass ihr seid lauter und unanstößig auf den Tag Christi, erfüllt mit der Frucht der Gerechtigkeit, die durch Jesus Christus geschaffen wird zu Gottes Ehre und Lob.“ (Phil 1, 9 – 10)

 

Glauben ist Erkenntnis. Mit dieser Feststellung verbindet sich gleich die vieldiskutierte Frage, wie sich Glaube und biblisches Zeugnis zu den Erkenntnissen der Wissenschaft verhalten. Wichtig ist, dass wir die Bibel entdecken lernen als eine Einladung zur vernünftigen und illusionslosen Weltsicht. Im Unterschied zu zeitgenössischen Vorstellungen ist zum Beispiel der Schöpfungsbericht vom Anfang der Bibel ein Versuch der Systematisierung, der erste Schritt wissenschaftlicher Erkenntnis, und damit eine Ermutigung, Glauben und Wissen zusammenzubringen . Vieles in der Ausführung ist dann sehr zeitbedingt – aber öffnet uns das vielleicht die Augen dafür, wie zeitbedingt auch unsere heutigen Erkenntnisse sind, die uns gerne als letzte Wahrheiten verkauft werden. Entscheidend ist und nie in Vergessenheit geraten darf die Summe der Erkenntnis des Schöpfungsberichtes: Gott hat uns eine gute Schöpfung anvertraut. Wir sollen sie behüten und bewahren. Wie schwer das ist angesichts der Abgründe der menschlichen Natur, davon legen die Geschichtserzählungen der Bibel in beeindruckender und bis heute vorbildlicher Illusionslosigkeit Zeugnis ab. Das ist eine wichtige Erfahrung – und Glauben lebt von Erfahrungen, von guten und schlechten. Wir könnten daraus lernen… Das jedenfalls wünscht Paulus seiner Gemeinde. Prüft, was das Beste sei, so fordert er uns auf. Prüfen mit allen Erkenntnissen und Erfahrungen, nüchtern und vernünftig, als mündig gewordene Christen, wie Dietrich Bonhoeffer gerne sagte.

 

Damit ihr lauter und unanstößig seid auf den Tag Christi, so schließt Paulus diesen Gedankengang. Er verweist damit an seine Grundüberzeugung, dass wir in der noch unerlösten Welt leben. Er lebt von der Hoffnung und der Gewissheit der Wiederkunft Christi, die wir auch in unserem Glaubensbekenntnis aussprechen. Er wird kommen, zu richten die Lebenden und die Toten, so heißt es da. Die Adventszeit, von der eingangs die Rede war, ist übrigens darum eine Buß- und Fastenzeit, weil es in ihr um den zweiten Advent, die zweite Ankunft des Messias geht. Er wird richten, nicht wir. Er wird das letzte Urteil sprechen, aber auch richten im Sinne von Ausrichten, Zurechtbringen, Gerademachen, was wir verbogen haben.

 

Wann es soweit ist, wissen wir nicht. Aber jetzt ist es soweit, dass wir auf Gottes gutes Wort hören, damit wir wachsen im Glauben und in der Erkenntnis. Und vielleicht sollten wir gar nicht länger kämpfen gegen die Verwandlung der Adventszeit in eine fröhliche Vorweihnachtszeit. Dass das Weihnachtswunder sein Licht so lange vorausschickt auch in unserer Zeit, darüber kann man sich ja auch freuen. Dann aber sollten wir die letzten Wochen des Kirchenjahres als Zeit der Umkehr und der Besinnung nutzen. Denn es ist soweit!

 

Christoph Ehricht

 

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