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Internationale Bonhoeffer-Tage in Stettin am 16. und 17. Juni 2018

 

Mitglieder mit Begegbungstagung versammlung vom 23.-25.11. in der Versöhnungskirche in Travemünde

 

6. Studientag der AG für pommersche Kirchengeschichte:

„Pomerania non cantat?“ – Pommern singt nicht?

 

 

Bonhoeffer als Brücke zwischen theologisch interessierten polnischen Katholiken und den Hinterpommern

 

Bonhoeffer in Finkenwalde

Rechtzeitig zur Bonhoeffer-Konferenz in Stettin und in Finkenwalde Ende Mai 2013 war der fast tausend Seiten lange Band „Bonhoeffer in Finkenwalde“ herausgekommen. Er enthält Briefe, Predigten und Texte aus dem Kirchenkampf 1935-1942. Für eine Wiedergabe in der Heimatkirche sind sie wohl zu lang und zu kompliziert, sie richten sich eben an die jungen Vikare und Theologen. Auf dem Einband sehen wir einen steinernen grünen Tisch mit zwei Stühlen, von denen einer umgekippt ist, symbolisch für das Einbrechen der rauen Gewalt. (ISBN 978-3-9813498-8-7, Fenestra-Verlag, Wiesbaden-Berlin 2012, 39,- €)

 

Auf der Titelseite des Seminarberichtes von 2013 sehen wir die Zeichnung von zwei großen Laubbäumen vor dem damaligen Gutshaus in Finkenwalde, das nach 1945 abgerissen wurde. Kleine Steinreste wurden kürzlich gefunden und liegen unter einer Glasscheibe im „Garten der Stille und der Meditation“. Gefördert wurde die Veranstaltung nicht nur von der Stadt Stettin, sondern auch von der Hauptkirche St. Nikolai in Hamburg und der Stiftung für deutsch-polnische Zusammenarbeit. Alle Texte wurden auf Polnisch und auf Deutsch publiziert, die Übersetzung ist recht gut, hätte aber noch gewonnen, wenn ein „native speaker“ an der Schlussredaktion beteiligt gewesen wäre.

 

Nach der deutsch-polnischen Morgenbegegnung in Stettin-Finkenwalde fuhr man zum internationalen Dietrich-Bonhoeffer Studien- und Begegnungszentrum in Stettin.

Den ersten Hauptvortrag hielt Bischof Dr. Hans-Jürgen Abromeit aus Greifswald über „Beten und Tun des Gerechten - Bonhoeffers in Pommern entwickeltes Programm von Spiritualität und Widerstand“. Dabei ging er auf die Orte in Pommern ein, in denen Bonhoeffer gewirkt hat, aber auch auf dessen Hauptwerk, die „Ethik“. Obwohl es die Pommern Bonhoeffer nicht immer leicht gemacht haben, gehören Bonhoeffer und Pommern für Abromeit zusammen.

 

Den zweiten Vortrag hielt der Amerikaner Dr. Joel Burnell, Professor an der Evangelikalen Theologischen Hochschule in Breslau, zum Thema „Christsein im Dritten Reich und in der Volksrepublik Polen.“ Er führte folgende Gedanken aus: Ein Christ in der Dritten Republik Polen trifft gern andere Menschen und lernt von ihnen; er verteidigt nicht seine Privilegien, sondern dient den anderen; er betet und hat ein reiches und vielfältiges geistiges Leben. Dabei trennt er sein Leben nicht in „sacrum“ und „profanum“.

 

Umrahmt wurde die Konferenz von Andachten, dem Sonntagsgottesdienst und einem Konzert im „Garten der Stille und der Meditation“. Mein Mann und ich haben seit Jahren immer wieder den Garten besucht, auch Ende Dezember 2013, und sind immer wieder davon angetan, wie gepflegt er wirkt, obwohl er durchaus frei zugänglich ist. Manche der Darstellungen sind symbolisch zu verstehen wie der bereits erwähnte umgekippte Stuhl oder der „tote Baum“. Den besten Blick hätte man wohl von den Eisenbahnschienen oberhalb des Gartens, wo die Züge unaufhörlich vorbei sausen, sie taten es sicherlich auch schon zu Bonhoeffers Zeiten.

 

Was mich immer wieder beeindruckt, ist die Tatsache, wie hoch Bonhoeffer in Polen geschätzt wird, besonders auch in katholischen Kreisen. Anna Morawska hat schon um 1956 Vorlesungen über Bonhoeffer in Krakau gehalten. Als das ehemalige Seminargelände in Finkenwalde noch eine Wüstenei war, gab es in der jetzt katholischen Kirche in Finkenwalde bereits eine Ausstellung über Bonhoeffers Leben und Werk; seine Werke wurden von Mönchen so gut übersetzt, das sie auch den Beifall von Pastor Piotr Gas und seiner Frau, die ebenfalls studierte Theologin ist, fanden. So ist Bonhoeffer - ohne es geahnt zu haben – zur Brücke zwischen Deutschland und Polen geworden.

 

Auch im Dezember 2013 machten wir einen kurzen Halt im winterlichen Finkendwalde. Alle Bäume waren um diese Jahreszeit kahl, nicht nur der symbolische „kahle Baum“. Als wir Anfang Januar 2014 im Kösliner Gemeindehaus waren, trafen wir auf drei Mitglieder des „Bonhoeffer-Freundeskreises, Region Mitte“ (Berlin), den es schon vor der Wende in der DDR gegeben hatte. Neben einem Seminar im Herbst veranstalten sie im Frühsommer eine Exkursion auf den Spuren Bonhoeffers. Sie wollten dies Jahr im Kösliner Gemeindezentrum wohnen und zwischen Himmelfahrt und am 1. Juni nach Groß Schlönwitz, Kr. Stolp, Wendisch-Tychow mit Sigurdshof, Kr. Schlawe, Klein Krössin und Kieckow im Kr. Belgard fahren. Mit Margarete Pasternak aus der ev. Gemeinde Köslin haben sie sogar noch eine Schlönwitzer Zeitzeugin gefunden.

 

Nachdem die Gestapo Bonhoeffers Seminar in Finkenwalde geschlossen hatte, gründete er zwei Sammelvikariate in Hinterpommern, das eine zunächst in Schlönwitz, später in Sigurdshof, das andere in Köslin. Dort arbeitete Fritz Onnasch (1911-45) vom WS 1937/38 bis Herbst 1939 als Studieninspektor. Sein Vater, der Superintendent Friedrich Onnasch, hatte damals Aufenthaltsverbot für Pommern bekommen, konnte aber in Berlinchen/Neumark als Geistlicher wirken, wo er im Februar 1945 von sowjetischen Soldaten erschossen wurde. Sein Sohn erlitt Anfang März 1945 das gleiche Schicksal und wurde im Garten der Superintendentur, der in den sechziger Jahren mit Garagen überbaut wurde, begraben. Bei einer Nachsuche vor ein paar Jahren konnte nichts mehr von ihm gefunden werden. Heute hängt eine Gedenktafel an Vater und Sohn Onnasch an der ul. Matejki/ Elisenstraße 3.

 

Im Mai in Hinterpommern

Der Bonhoeffer-Freundeskreis wollte im Mai 2014 besichtigen, was von sichtbaren Zeugnissen in Pommern erhalten geblieben ist. Wir schlossen uns der Gruppe bei ihren Exkursionen an und waren immer wieder erstaunt, auf viele Zeugnisse von Janes Peysas Wirken zu stoßen. In den neunziger Jahren hatte sie mehrmals eine Gruppe von „American Travellers“ organisiert und wandelte auf Bonhoeffers Spuren. Viele ihrer Tafeln wurden mehrmals gestohlen, doch sie hängte immer wieder neue Gedenktafeln an Mauern und Bäumen auf.

 

Zuerst fuhren wir nach Schlönwitz im Kreis Stolp, wo Margarete Pasternak zur Schule und zum Konfirmandenunterricht gegangen war und auch eingesegnet wurde. Der Altar in der Schlönwitzer Kirche ist neu, wurde aber nach mittelalterlichen Vorbildern geschnitzt. Der Kirchturm stammt aus dem Mittelalter, das Kirchenschiff aus dem 19. Jahrhundert. Das Pfarrhaus wird – wie alle größeren Häuser in Hinterpommern - offensichtlich von zwei Familien bewohnt: Das sieht man daran, das die eine Haushälfte ein neues Dach bekommen hat und die andere einen neuen Anstrich der Wände. Das war ein Anblick, den die alten Pommernfahrer längst kennen, der aber für die Exkursionsteilnehmer recht überraschend war.

 

Als nächstes machten wir uns zum Sigurdshof auf. Vom Forsthaus selber ließ sich kein noch so kleiner Überrest finden, doch dort, wo man vom Waldweg in den Wald einbiegen müsste, hatte Jane Peysa einen Stein gesetzt, der wie ein Grabstein anmutet und der Bonhoeffers Namen trägt. Gleich daneben wurde eine zweisprachige größere Tafel durch eine grenzüberschreitende Initiative gefördert. Sie soll auf die „Schätze des Schlawer Landes“ aufmerksam machen. Sie erinnert an Bonhoeffers Wirken und zeigt das Bild vom alten Forsthaus und vom Gedenkstein. Eine ähnliche

große Tafel steht vor der Kirche in Wendisch-Tychow/Schlawe .Sie zeigt auf den sechs Fotos auch das nicht mehr existiernede Schloß in Tychow. Jane Peysas Tafel hängt sicherheitshalber inzwischen in der Kirche und nicht mehr vor der Kirche. Der freie Platz hinter der Kirche, der früher Schulsportplatz gewesen war, wurde 1939/40 von den jungen Vikaren benutzt, die dort nach dem anstrengenden Meditieren zum Ausgleich Sport trieben. Ihr Lehrgang hatte ein dreifaches Ziel: Ausbildung, Meditation und Mission mit Gottesdiensten in der Umgebung. Es gab dafür zwei Autos und ein Motorrad. Frau Struwe, die treue Seele, die schon in Finkenwalde Haushälterin gewesen war, kaufte im Dorf ein und wusch auch die Wäsche der jungen Männer. Zu Kriegsbeginn wurden alle jungen Männer eingezogen; der letzte war gerade abgereist, kurz ehe die Gestapo in Sigurdshof auftauchte.

 

Seien wir dankbar, dass in verschiedenen Orten Hinterpommern noch an Bonhoeffers Wirken und Bedeutung erinnert wird!

 

Rita Scheller