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Internationale Bonhoeffer-Tage in Stettin am 16. und 17. Juni 2018

 

Mitglieder mit Begegbungstagung versammlung vom 23.-25.11. in der Versöhnungskirche in Travemünde

 

6. Studientag der AG für pommersche Kirchengeschichte:

„Pomerania non cantat?“ – Pommern singt nicht?

 

 

Besuch in Köslin im Vorfeld der 750- Jahr-Feier

 

Wegen des besonderen Jubiläums der Stadt Köslin, die 1266 gegründet wurde, wollte ich auch in diesem Jahr wieder nach Köslin fahren. Ich dachte, 10 Tage vor den Feierlichkeiten vom 20. - 23. Mai wird die Stadt schon festlich herausgeputzt sein. Außerdem wollte ich über die Pfingsttage gemeinsam mit Familie Scheller aus Hannover viele liebe deutsche Frauen sehen bei Gottesdienst, Bibelstunden und privaten Besuchen.

 

So fuhr ich guten Mutes am 9. Mai um 7 Uhr mit einem Bus vom Hamburger ZOB los, durch schöne Natur, und war um 15:30 ins Köslin. Ich war zum Übernachten im Evangelischen Gemeindezentrum bei der Gertraudenkapelle angemeldet und wurde herzlich von Pastor Janusz Staszczak empfangen. Leider erhielt ich gleich die traurige Nachricht, dass Dr. Rita Scheller am Morgen plötzlich schwer erkrankt sei und in diesem Jahr keine Besuche in Hinterpommern machen könne.

 

Nun wollte ich versuchen, möglichst viele alte Deutsche wiederzusehen und ein bisschen Freude zu bereiten.Mit Edith Stolarska, der Gemeindeältesten, besprach ich am nächsten Morgen, wie ich meine Begegnungen in dieser Woche organisieren könnte.

 

Für den Nachmittag hatte ich mir vorgenommen, endlich dass große Museum in der Mühlenstraße zu besichtigen. Ich wurde von einer Museumsmitarbeiterin von einem „Salon“ mit alten wertvollen deutschen Möbeln und Gemälden in den nächsten geführt. Auf überreichten Tafeln mit deutschem Text konnte ich z. B. nachlesen, aus welchen Schlössern in Kreis Köslin die Möbel stammten und welche Adlige auf den Bildern abgebildet waren. Im Jamund-Haus interessierten mich sehr die alten Möbel und Küchengeräte aus Jamund, außerdem Stallgebäude mit alten Geräten aus Landwirtschaft und eine Schusterwerkstatt mit stabilen Singernähmaschinen.

 

Bei meinem anschließenden Spaziergang bei herrlich warmen Wetter durch die Wallanlagen freute ich mich, dass so viele der heutigen Kösliner auch die Natur genossen. Viele Spaziergänger sah ich am Mühlenteich mit der Schwaneninsel, wo auch ein Schwanenpaar brütete und mit der Fontäne. Auf den zahlreichen Bänken saßen junge Pärchen, Familien mit kleineren Kindern und älteren Leuten.

 

Zum ersten Mal sah ich die schöne Schlosskirche, die von der orthodoxen Gemeinde genutzt wird. Auf dem neugestalteten Marktplatz ruhten viele Menschen aus und Kinder liefen lachend zwischen den Tauben und kleinen Wasserfontänen umher. Ich bewunderte in vielen Straßen Blumenkübel mit Stiefmütterchen, und wie schön Plätze für den Kreisverkehr gestaltet waren.

 

Für mich war es besonders schön, dass Pastor Janusz Staszczak am Mittwoch zur Bibelstunde eingeladen hatte und ich dadurch mehrere der Frauen, die ich zum Teil seit 20 Jahren kenne, wiedersehen konnte. (Anwesend waren Edith Stolarska, Margarete Pasternak, Johanna Kornobis, Terasa Pozniewska, Ewa Kowalska, Genofewa Czarska, Hildegund Wziatek, Inge Chmiel, Erika Jasiulek, Regina Jasinczuk und Annemarie Modzelewska). Alle erfuhren von der plötzlichen Erkrankung von Rita Scheller, waren sehr erschüttert und traurig. Sie übermittelten Grüße und Genesungswünsche für sie. Freuen konnten sie sich über Erdbeertorte und Kuchen, vom Pastor anlässlich seines Geburtstages spendiert. Er informierte die Frauen auch über Veranstaltungen zur 750 Jahrfeier.

 

In den nächsten Tagen machte ich nun, wie in den vergangenen Jahren, mit Hilfe des Taxifahrer Stanislaw Besuche. Überall konnte ich eine Tüte mit Kleinigkeiten (Tee, Gebäck, Marmelade, Hautcreme o. ä.) übergeben, die ebenso wie die Taxifahrten vom Helferbund „Rita von Gaudecker“ finanziert wurden.

 

Mein erster Besuch war bei Marianne Lipka in Nest an der Ostsee, von deren Fenster man den Jamunder See sehen kann. Sie feierte am 23. Mai ihren 90. Geburtstag. Helena Antolak in Köslin und Erika Nowak in Zanow freuten sich auch über meinen Besuch. Erika Nowak, die ich seit etwa 1998 näher kenne, sitzt seit einem Jahr im Rollstuhl Sie erzählt nicht mehr so viel wie sonst, bittet aber sehr um Frieden in der Welt. Sie wird abwechselnd von ihren Kindern liebevoll betreut.

 

Bei Inge Chmiel in Köslin bin ich in den letzten Jahren öfter gewesen. Immer hat sie mich dazu Fuß den weiten Weg fast bis zum Rathaus gebracht, den ich allein nicht gefunden hätte.

 

Am nächsten Tag fuhren wir über die Dörfer zu den Frauen, die nicht zur Bibelstunde kommen konnten. Charlotte Tomaszewska in Streckenthin kann nicht mehr allein mit dem Bus fahren, ist öfter verwirrt und findet nicht mehr allein nach Hause. Renate Nowak in Nedlin war nach ihrem Krankenhausaufenthalt wieder zu Hause, kann aber noch schlecht gehen. Rosemarie Witczak in Siranie fühlt sich nach dem Tode ihres Bruders vor einen Jahr sehr einsam. Es tat ihr gut, von ihren Sorgen und Gedanken zu erzählen. Annemarie Modzelewska wohnt nach einigen Operationen in der Nähe von Bublitz bei ihrer Tochter, sehr beengt in einem kleinen Haus. Auch alle anderen Frauen, die ich besucht habe, leben mit Kindern oder Enkeln zusammen. Zwar einfach und auf engen Raum, aber sie haben immer die nötige Hilfe und Pflege.

 

Am Samstag kam ich auf meiner Fahrt zu Adele Augstin in Parnow wegen einer Umleitung durch Tessin. Vor über 10 Jahren war ich schon einmal mit Rita Scheller an der Tessiner Kirche. Das Kirchenschiff war damals schon vor langer Zeit abgerissen worden, aber der Raum im Kirchturm sollte für Gottesdienste genutzt werden. Die Eingangstür war voller Spinnweben. Nun sah ich, dass die Tür offenstand. Im Inneren befand sich ein schön geschmückter Altar, sicher für den Pfingstgottesdienst am nächsten Tag. Einfache Holzbänke boten Platz für bis zu 30 Besucher. Draußen um die Kirche herum arbeiteten etwa 10 Leute. Links brannte ein Feuer zum Vernichten von Gesträuch, rechts wurde Unrat auf einen kleine Lastwagen aufgeladen. Die Aktion würde Rita Scheller freuen. Tessin war die Kirche für mein Heimatdorf, und sowohl meine Eltern wie auch meine Großeltern sind vor langer Zeit oft durch den Turmeingang gegangen.

 

Nach meinen Besuch in Bonin bei Edelgard Kulik ließ ich mich zuerst vom Taxifahrer zum Schwesternfriedhof fahren. Gemeinsam räumten wir rund um den Gedenkstein Unrat und Scherben weg. Beim Eingang zum Gollen verabschiedeten wie uns.

 

Wie an vielen Stellen in der Stadt standen auch hier gut sichtbare Informationstafeln und man konnte in polnisch, deutsch und englisch sehr interessant das Wichtigste zur Geschichte des Gollens nachlesen. Unter den hohen Buchen ging ich sehr gut nach oben auf den Berg. Dort sah ich einen Betenden in der kleinen Kapelle, bestaunte den hohen, gut restaurierten Gollenturm und die ersten Anfänge zum Bau eines großen Touristenzentrums am Fuße des Turmes. Ich sah verschiedene Mauerreste, auch das Fundament, auf dem einmal das Gollenkreutz stand, Ein kleiner Souvenirladen der katholischen Schwestern war über Mittag eine Stunde geöffnet. Etwa 20 Personen wanderten oder spazierten auf den Gelände umher.

 

Ich wanderte zurück in die Stadt und konnte als Rentnerin dann noch ein Stück bis zum Rathaus kostenlos mit dem Bus fahren.

 

Im Gemeindezentrum erfuhr ich von Pastor Janusz Staszczak, dass in dieser besonderen „Nacht der Museen“ auch beim großen Archivgebäude in der Nähe der Gertraudenkapelle viel zu erleben sei. Auf dem Archivgelände sah ich dann verschiedene Stände und Bühnen. Eine Gruppe in Jamunder Tracht verteilte Schmalzstullen. Der Eingang zum ganzen Gelände war wie zu Pfingsten in Pommern üblich mit Birkengrün geschmückt. Im Archiv waren alle Räume geöffnet und viele junge Leute mit Kindern sahen in Vitrinen und auf großen Schautafeln alte deutsche Urkunden interessiert an. Auf mehreren Etagen wurde gezeigt und z. T. auf deutsch erklärt, wie in hohen Regalen viele alte Schriftstücke aus dem ganzen ehemaligen Regierungsbezirk Köslin sorgfältig aufbewahrt werden. Im Lesesaal saßen wohl 10 Kinder an den Tischen, die sich große Mühe gaben, mit Rediesfedern die Buchstaben des deutschen Alphabetes nachzuschreiben. Sie wurden von der Betreuerin mit Recht gelobt.

 

Aber auch die Gertraudenkapelle war geöffnet, und ich hörte noch den Schluss den Konzertes, das ein junges Mädchen auf der Orgel gab. Von meinem Zimmerfenster aus im Gemeindezentrum sah ich mit Staunen und Freude, wie ununterbrochen Menschen in der Kapelle ein- und ausgingen. Diese Museumsnacht sollte bis 24 Uhr gehen.

 

Am Pfingstsonntag konnte ich in Belgard am evangelischen Gottesdienst mit Pastor Janusz Staszczak teilnehmen. Wir waren 13 Besucher und unser Gesang war Dank der Unterstützung des Organisten aus Köslin kräftig.

 

In Köslin besuchte ich dann an späteren Pfingstnachmittag noch Genowefa Czarska, die immer sehr interessant aus ihrem Leben erzählen kann.

Am Pfingstmontag war mit Familie Scheller für 11 Uhr eine Bibelstunde in Schivelbein geplant gewesen. Daher hatte ich vor der Reise meine Rückfahrkarte von dort aus nach Hamburg gekauft. Nun fuhr mich der Taxifahrer allein dort hin und verabschiedete sich nach einer kurzen Stärkung. Edeltraud Kasperczak hatte in ihrem Wohnzimmer wieder reich den Tisch gedeckt mit belegten Broten, Kuchen und Getränken. Nachdem wir uns gestärkt hatten, verbrachten wir eine schöne Stunde mit Gebet, Gesang und Geschichten. Ich denke, den Anwesenden (Edeltraud Kasperczak, Johanna Kornobis, Alicja Grzywacz mit Bruder Franz Wierzbowski, Edith Cieloch und Barbara Zielinska mit Tochter Ursula) hat es auch gefallen.

 

Wir verabschiedeten uns herzlich. Alicja und Ursula brachten mich zum ganz nah liegenden Bahnhof und halfen mir mit meinem Gepäck in den Zug. Meine Rückfahrt über Stettin, Pasewalk und Berlin verlief fahrplanmäßig. Ich kam gesund und zufrieden wieder in Hamburg an.

 

Ob ich im nächsten Jahr noch gesund genug bin, um die schöne Stadt Köslin und die bekannten Deutschen dort wiederzusehen? Ich würde mich freuen.

 

Adalhild Karp