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Internationale Bonhoeffer-Tage in Stettin am 16. und 17. Juni 2018

 

Mitglieder mit Begegbungstagung versammlung vom 23.-25.11. in der Versöhnungskirche in Travemünde

 

6. Studientag der AG für pommersche Kirchengeschichte:

„Pomerania non cantat?“ – Pommern singt nicht?

 

 

Die demokratische Opposition in der Volksrepublik Polen und das christliche Zeugnis Dietrich Bonhoeffers von Dr. Michal Paziewski aus Stettin

 

Den meisten Deutschen ist Bonhoeffer ein Begriff, besonders den evangelischen Pommern, lagen doch seine bedeutsamsten Wirkungsstätten in Pommern, nicht nur in Stettin-Finkenwalde, sondern auch in Schlönwitz, Sigurdshof und Köslin in Hinterpommern. Jedes Jahr findet in Stettin ein Bonhoeffer-Seminar unter Leitung von Pastor Slawomir Sikora mit Rednern aus Deutschland und Polen statt. Die Vorträge werden dann auf Deutsch und auf Polnisch publiziert, so auch 2015. Aus dem neun Seiten langen Vortrag von M. Paziewski greife ich ein paar besonders bedeutsame Sätze heraus.

 

* * *

 

In Polen war Anna Morawska die erste, die sich von dieser herausragenden Persönlichkeit faszinieren ließ. … Im Jahre 1970 erschien dann ihr Buch über Bonhoeffer. Kurz darauf war auch Tadeusz Mazowiecki, der spätere erste nicht kommunistische Regierungschef Polens, von der moralisch reinen Haltung Bonhoeffers ergriffen. 1971 schrieb er eine umfangreiche Rezension des Buches der Morawska unter dem treffenden Titel: „Er lernte zu glauben unter kräftigen Schlägen.“ …

 

So wie für Bonhoeffer die Haltung der Kirche gegenüber den Judenverfolgungen im Dritten Reich inakzeptabel war, so war auch für die unabhängigen polnischen Oppositionellen das Schweigen der polnischen Kirche im Jahre 1968 schwer zu akzeptieren. … Diese Parallele ist von Bedeutung, denn Bonhoeffer und Gleichgesinnte traten gegen die Judenverfolgung durch die Nazis in einer weit schwierigeren Situation auf. Eine öffentliche Kritik der polnischen Bischöfe war jedoch nicht möglich, denn dadurch würde man nur der antikirchlichen Haltung des kommunistischen Regimes Vorschub leisten. Übrigens schwieg die polnische Kirche auch kurz nach Kriegsende, als es zu antisemitischen Pogromen in Kielce und Krakau gekommen ist.

 

Als Jacek Kuron und Adam Michnik, beide aktiv in den Studentenunruhen von 1968 und den Arbeiterprotesten von Dezember 1970 beteiligt, ihre Gefängniszellen verlassen durften,suchten sie im Werk dieses deutschen Märtyrers, obwohl sie beide Atheisten waren und Bonhoeffers Denken aus einem anderen kulturellen Kontext stammte, nach Hinweisen für ihr eigenes Handeln. …

 

Eine besondere Bedeutung besaßen Bonhoeffers Texte für den eher linksorientierten Teil der demokratischen Opposition in Volkspolen. „Alle, die damals aus den Gefängnissen kamen, lasen die Bücher von Anna Morawska!“ erinnert sich die damalige Leiterin des Warschauer Klubs der katholischen Intelligenz. Die Haltung und die Lehre Bonhoeffers hatte zu einer Annäherung zwischen Gläubigen, Agnostikern und Ungläubigen beigetragen, hauptsächlich unter angehörigen der Intelligenz mit linken Ansichten, für die der März 1968 eine prägende Erfahrung darstellte...

 

Von Dietrich Bonhoeffer handelte ein heiß diskutierter Vortrag, der im Internierungslager für Aktivisten der Solidarität gehalten wurde. Anfang Oktober 1982 hatte Malgorzata Niesobska-Urbaniak, Vorsitzende der Solidarität im Stettiner Baukombinat im pommerschen Rügenwalder-Münde einen Text von Tadeusz Mazowiecki über Bonhoeffer vorgelesen. Den mehr als 40 Internierten war Bonhoeffer völlig unbekannt, manche von ihnen bezeichneten sich als Atheisten. In der heftigen und bis in die Nacht andauernden Diskussion sprachen unter anderem Bronislaw Geremek und Stefan Niesiolowski. Krzystof Sliwinski, Mitglied des Kluibs der katholischen Intelligenz in Warschau, verglich verbittert das Lebenswerk Maximilian Kolbes aus Auschwitz mit dem Märtyrertod Bonhoeffers. Man überlegte, warum es Menschen so schwer fällt oder warum sie gar unfähig sind, das Martyrium eines anderen zu verstehen. …

 

Die Vereinsamung, ja sogar Ablehnung, die die Mitglieder des Widerstandes gegen Hitler erfuhren, war auch den Oppositionellen in Volkspolen vor dem Beginn der politischen Wende im August 1980 nicht fremd. Sie agierten unter einer mehrheitlich eingeschüchterten, indifferenten Bevölkerung, die ihren Aktivitäten nicht immer wohlgesonnen war. …

 

Neulich gab Pater Andzej Kloczowski zu, dass er bereits in den siebziger Jahren Dietrich Bonhoeffer als seinen intellektuellen Meister angenommen habe. Dieser langjährige Studentenpfarrer erklärte sogar, dass er den Verfasser von „Nachfolge“ und „Gemeinsames Leben“, die in Finkenwalde geschrieben wurden, überhaupt für einen Heiligen hält. ...

 

Bonhoeffers Werke und Bücher über ihn erscheinen hauptsächlich in katholischen Verlagen und kaum in evangelischen. Pastor Piotr Gas, der viele Jahre in Stettin amtiert hatte, meinte, Bonhoeffers Bücher seien im evangelischen Geist übersetzt worden, nur den Fußnoten merke man zuweilen an, dass die Übersetzer Katholiken gewesen seien.

 

Zusammenfassung des Vortrags von Rita Scheller

 Dietrich Bonhoeffers Garten der Stille und der Meditation in Finkenwalde Dietrich Bonhoeffers Garten der Stille und der Meditation in Finkenwalde

Foto: Evangelisches Pfarramt Stettin, Dietrich Bonhoeffers Garten der Stille und der Meditation in Finkenwalde