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Internationale Bonhoeffer-Tage in Stettin am 16. und 17. Juni 2018

 

Mitglieder mit Begegbungstagung versammlung vom 23.-25.11. in der Versöhnungskirche in Travemünde

 

6. Studientag der AG für pommersche Kirchengeschichte:

„Pomerania non cantat?“ – Pommern singt nicht?

 

 

Das 25. evangelische Sommerfest in Zitzmin mit blau-weißem Motto

 

In diesem Jahr sollte in Zitzmin zwischen Köslin und Schlawe für die nach dem Kriege dort verbliebenen Deutschen und viele Gäste am 11. Juli das silberne Jubiläumssommerfest stattfinden. Weil ich bei diesem besonderen Jubiläum gern dabei sein wollte, fuhr ich vom 9.-15. Juli mal wieder in meine Heimat, in der ich geboren wurde und meine ersten Lebensjahre verbracht hatte. Die Anreise von Hamburg über Bützow und Stettin nach Köslin klappte sehr gut. Ich freute mich, dass ich für sechs Übernachtungen wieder ein Zimmer im Evangelischen Gemeindezentrum in Köslin neben der Gertraudenkapelle beziehen konnte.

 

Am nächsten Tage konnten Frau Dr. Scheller, ihre Tochter Mechthild, Sigrid Nolte und ich in der großen Küche des Gemeindezentrums über 100 teils süße, teils salzige Muffins für das Sommerfest backen. Am Nachmittag fuhren wir nach Zitzmin, um auf dem Hof der Familie Pollex noch einiges zu besprechen und vorzubereiten. Aber welch starker kalter Wind wehte dort! Wir hatten Angst und Sorge wegen der Wetterbedingungen am kommenden Tage. Doch Mechthild hatte schon im Vorjahr einen Pakt mit Petrus geschlossen: Es dürfte immer schlechtes Wetter sein, nur am Großmöllener Urenkeltreffen Ende April in Hannover und zum Sommerfest sollte das Wetter schön sein. So erwiesen sich unsere Bedenken als unnötig, denn am nächsten Tag wehte kaum ein Lüftchen und das Sommerfest fand bei herrlichem Sonnenschein statt, mit pommersch blauem Himmel und einigen weißen Wölkchen, wie es zu unserem diesjährigen Motto passte. Familie Pollex und etliche Helfer hatten schon viele Tische aufgestellt, die mit blau-weißen Papierschlangen und Blumen geschmückt wurden.Blaue und weiße Luftballons wehten auf dem ganzen Gelände.

 

Die Morgenandacht in der Zitzminer Dorfkirche mit Pastor Ehricht aus Greifswald, dem Vorsitzenden des Pommernkonvents, eröffnete das Fest (vgl. Seite ----). Als wir auf den Hof zurückkamen, gab Frau Dr. Scheller einen Rückblick auf die 25-jährige Geschichte der Sommerfeste mit den vielen Teilnehmern aus Polen und aus Deutschland. Beeindruckt hat mich der gemeinsame Gesang des Liedes „Danke für diesen guten Morgen“ (EG 334, im polnischen ev. Gesangbuch Nr. 475), das wir gemeinsam abwechselnd in beiden Sprachen sangen, das waren dann zwölf Verse.

 

Für das leibliche Wohl gab es verschiedene Getränke, von den Stolper Frauen lecker belegte Brote, Würstchen vom Grill und zum Kaffee Kuchen und Muffins. Vormittags hatten sich 62 Teilnehmer eingetragen, um die Mittagszeit kamen noch 40 Kinder und ihre 9 Betreuer aus Stettin dazu.

 

Besonders interessant für mich war, dass zwei junge polnische Männer mir gegenüber saßen, die sich als Germanistikstudenten und Sprachwissenschaftler vorstellten. Sie wollten die pommersche plattdeutsche Sprache kennenlernen und ich konnte sie mit Brigitte Kipper aus Stettin, die im Kreis Bütow zur Welt gekommen war, bekanntmachen. Wir beide sangen ihnen das Lied '“Dat du min Leevsten büst“ vor, das sie gleich mit ihrer modernen Technik aufnahmen. Die beiden Studenten verabredeten sich mit Brigitte Kipper zu einem Heimattreffen in Anklam Anfang September, wo sie mehr Beispiele von pommerschem Platt hören möchten.

 

Die Stettiner Kinderschar

Ziemlich turbulent wurde es, als eine Schar von Kindern zwischen fünf und zwölf Jahren aus Stettin eintraf. Sie leben weit verstreut über die ganze Diözese Breslau, sollten andere evangelische Kinder kennenlernen und im Glauben gefestigt werden. Sie waren gerade eine Woche auf einer evangelischen Bibelwoche gewesen, in der sie jeden Tag über die Bedeutung eines anderen Tieres aus der Bibel gesprochen hatten. Die Leitung hatte wie in den Vorjahren die Diakonin und Pastorenfrau Iza Sikora aus Stettin. Der Höhepunkt und Abschluss sollte diese Jahr ein Ausflug nach Hinterpommern sein, viele der Kinder hatten zuvor noch nie die Ostsee gesehen, die sie morgens an der Steilküste von Funkenhagen bewundern konnten. Diese B ibelwoche wurde nicht von der EU unterstützt, sondern vom „Helferbund Rita von Gaudecker“, dessen stellvertretende Vorsitzende ich bin. Nach dem Essen hatten sie viel Spaß mit Ballspielen auf dem geräumigen Hof und gestalteten Bügelperlenplatten mit schönen Mustern.

 

Sehr spannend war für einen Teil der Kinder eine Rallye durch das Dorf mit verschiedenen Aufgaben. Ich hatte mir vorgenommen, mit allen Kindern, die sich nicht an der Rallye beteiligen wollten, ein kleines Fangspiel zu basteln. Pastor Froehlich, der mit seinem Kleinbus und einigen Gemeindegliedern aus Stolp gekommen war, erläuterte den Kindern auf Polnisch meine Anleitungen und bastelte selber mit. Am fertigen Spielzeug aus Faltpapier, Wollfaden und Perlen hatten sie dann viel Spaß. Wir bastelten in drei Durchgängen, wobei ein kleines Mädchen jedes Mal mitmachte und darum auch einen Fangbecher für ihren Papa und ihre Mama mitnehmen konnte. Einen fröhlichen schönen Abschluss hatte das Sommerfest durch die auch mimisch vorgetragenen Lieder über Tiere aus der Bibel im Rahmen der deutschen Andacht durch die Diakonin Sikora. Die Gäste aus Stettin überreichten Frau Dr. Scheller ein großes selbst gestaltetes Bild als Dank für die Einladung.

 

Pastor Ehricht vom Pommernkonvent und Frau Dr. vom Helferbund Rita von Gaudecker sprachen abschließende Worte und bedankten sich bei allen Teilnehmern und Helfern, besonders bei dem Ehepaar Pollex für ihre Mühe und Arbeit als Gastgeber bei den 25 Sommerfesten seit 1990. Aber niemand konnte versprechen, ob es im kommenden Jahr wieder ein Sommerfest geben wird.

 

Die anschließende Betreuungsfahrt

Weil ich noch einige Tage in Köslin blieb, konnte ich noch mehrere liebe deutsche Menschen aufsuchen. Der Besuch bei Hildegard W., die einsam im Walde in einem ehemaligen Bahnwärterhäuschen an der Bahnlinie Köslin/Belgard wohnt, war beeindruckend und zugleich traurig. Sie hat große Mühe, für sich und ihren fast 60jährigen behinderten Sohn den Haushalt zu führen. Das Wasser aus der Leitung ist schmutzig, darum kein Trinkwasser und kaum zum Waschen zu gebrauchen. Sie zeigte uns ihre großen Holzvorräte, die sie schon für die Ofenheizung im Winter vorbereitet hatte. Dann holte sie noch einen alten Brief von mir hervor mit einem Artikel und Fotos aus der Pommernzeitung über Schloss und Kirche in Lassehne bei Henkenhagen, wo sie aufgewachsen war. Sie kannte aus ihrer Kindheit alles genau und erzählte anhand der alten Fotos lebhaft aus der alten Zeit.

 

Am zweiten Sonntag im Juli konnte ich um 14 Uhr am deutschen Gottesdienst in der Georgenkirche in Belgard teilnehmen, Menschen kennenlernen, die ich vorher noch nicht getroffen hatte und mit ihnen schöne kurze Gespräche führen. Alle aus der Gemeinde bis auf eine bettlägrige Frau, dazu noch zwei Gäste aus dem Westen, waren zum monatlichen Gottesdienst mit Pastor Staszczak aus Köslin gekommen. – Am Montag machte ich weitere Besuche im Köslin und ließ mir die gepflegten Wallanlagen und den neugestalteten Marktplatz zeigen.

 

Am Dienstag fuhr ich zu einer deutschen Bibelstunde nach Schivelbein, die ich teilweise gestaltete. Edeltraut Kasperczak hatte in ihrem Wohnzimmer den Tisch mit belegten Broten, Kuchen und Getränken gedeckt. Wer von den deutschsprachigen Gemeindegliedern noch gehen konnte, war dabei, wie auch schon einen Monat zuvor, als Schellers die Bibelstunde gehalten hatten. Zu Beginn sangen wir auf meinen Vorschlag „Komm, Herr, segne uns“ (EG 170).Die Frauen erzählten mir voller Stolz, dass sie dies recht neue Lied vor etwas zwanzig Jahren bei Frau Pastor Tettenborn gelernt hätten. Als Thema für diese Bibelstunde hatte ich das Thema „Segen“ gewählt. Dazu las ich einige bekannte Gebete vor, in denen wir um Gottes Segen bitten: Morgen- und Abendgebete, einen Reisesegen, Tischgebete. Ich erinnerte daran, wie Gottes Segen uns beschützt und Kraft gibt, uns in trüben Stunden tröstet und wieder neuen Mut macht. Nach leiblicher Stärkung und guten Gesprächen sangen wir fröhlich „Danke für diesen guten Morgen“, bei dem auch der polnische Taxifahrer Stanislaw inzwischen nicht nur den polnischen, sondern auch den deutschen Text gut mitsingen konnte. Dann las ich drei kurze Geschichten vor, in denen der Segen das Thema ist. Den Abschluss der Bibelstunde bildeten die 15 Verse vom Sommerlied „Geh aus mein Herz und suche Freud“, das Vaterunser und der Segensspruch „Der Herr segne uns“. Johanna Kornobis, die als Gast aus Belgard dazu gekommen war, sang uns noch als Dank alleine ein Abschiedslied vor.

 

Die meisten lieben Menschen kenne ich seit fast zwanzig Jahren. Da fällt der Abschied für lange Zeit immer schwer, aber wir alle hoffen auf ein Wiedersehen. Bei allen Begegnungen in Hinterpommern habe ich auch dies Jahr wieder viel Freude gehabt, für die ich dankbar bin. Bedanken möchte ich mich besonders bei Frau Dr. Scheller, die mich 1996 das erste Mal nach Köslin eingeladen hatte und die mir seitdem viele schöne Erlebnisse, besonders im Raum Köslin, ermöglicht hat. Damals hatten wir uns mit über 100 Evangelischen zu einem verständigungspolitischen Begegnungsseminar im Priesterseminar in Köslin getroffen.

 

Meinen Besuch in Köslin wollte ich aber auch dazu nutzen, die beiden polnischen Familien in meinem Elternhaus in Plümenhagen wiederzusehen. Ich kenne sie seit 1966, als Reisen aus der DDR nach Polen schon möglich waren. Durch die Hilfe meines Dolmetschers Grzegorz war es wieder ein ganz herzlicher Besuch. Nach meiner problemlosen Rückkehr nach Hamburg werde ich noch oft an die schönen Erlebnisse in Hinterpommern denken.

Adalhild Karp