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Internationale Bonhoeffer-Tage in Stettin am 16. und 17. Juni 2018

 

Mitglieder mit Begegbungstagung versammlung vom 23.-25.11. in der Versöhnungskirche in Travemünde

 

6. Studientag der AG für pommersche Kirchengeschichte:

„Pomerania non cantat?“ – Pommern singt nicht?

 

 

Gedenken an Bischof Juliusz Bursche

 

Am 20. Februar fand in Berlin eine Gedenkveranstaltung der Polnischen Ev.- luth. Kirche AB und der EKD für Bischof Juliusz Bursche statt, an der ich teilnehmen konnte. Bischof Jerzy Samiec aus Warschau und der Berliner Bischof Dr. Markus Dröge hielten zu Beginn eine Andacht auf dem Landesfriedhof Berlin-Reinickendorf, wo vor kurzem die Stelle wieder entdeckt wurde, an der die Urne von Juliusz Bursche bestattet worden war. Im Anschluss fand ein Empfang im EKD-Gebäude in der Berliner Charlottenstrasse statt, der Gelegenheit auch zu Gesprächen mit Nachkommen von Bischof Bursche bot.

 

Am 20. Februar 1942 starb Juliusz Bursche an den Folgen der Inhaftierung im KZ Sachsenhausen. Sein Name steht für die enge Verflechtung der polnisch-deutschen Beziehungen und zugleich für die Abgründe unserer gemeinsamen Geschichte. In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts war die Familie Bursche mit vielen anderen aus Sachsen in das damals so genannte Kongress-Polen eingewandert, in die 1815 vom Wiener Kongress mit beschränkter Autonomie errichtete polnische Provinz des Zarenreiches. Nach dem 1. Weltkrieg wurde der neue polnische Staat gegründet. Der lutherische Theologe Juliusz Bursche entschied sich für die Annahme der polnischen Staatsbürgerschaft. Bald übernahm er leitende Funktionen in der neu aufzubauenden evangelischen Kirche Augsburgischen Bekenntnisses in der Republik Polen, zuletzt als ihr Bischof in Warschau.

 

Besonders problematisch gestaltete sich das Verhältnis zur fortbestehenden Evangelischen Kirche der altpreußischen Union in den früher deutschen Gebieten Westpreußens, die durch den Versailler Vertrag zum polnischen Staat kamen. Staatsgrenzen sind keine Kirchengrenzen – dieser Leitsatz der Union begründete die Aufrechterhaltung einer eigenen Administration der deutschen evangelischen Kirche und führte zu vielen Spannungen und Konflikten mit dem polnischen Staat und auch mit der polnischen evangelischen Kirche. Nationale und nationalistische Strömungen auf beiden Seiten waren offenbar stärker als das gemeinsame Bekenntnis, eine bis heute beklemmende und beschämende Geschichte. Bischof Bursche war Anfeindungen ausgesetzt und geriet häufig zwischen die Fronten. Nach dem September 1939 wurde er mit vielen anderen Angehörigen der polnischen Eliten von der nationalsozialistischen deutschen Siegermacht verhaftet und in das KZ verbracht.

 

Dass heute ein gemeinsames Gedenken gefeiert werden kann, dass es viele enge Partnerschaften zwischen polnischen und deutschen Kirchen gibt, auch und nicht zuletzt zwischen den pommerschen Gemeinden auf beiden Seiten der Oder, kann uns mit Dankbarkeit erfüllen. Bischof Samiec hat dies in seiner Predigt in Reinickendorf zum Ausdruck gebracht: „Niemand ist in der Lage, uns Gottes Liebe zu rauben... Wenn wir heute uns an Bischof Juliusz Bursche seligen Gedenkens erinnern, dann sehen wir, dass Gott der Herr der Zeit ist. Wenn es uns im gegebenen geschichtlichen Moment auch wenig verständlich erscheint, so können wir doch aus größerer Zeitperspektive einen tiefen Sinn erkennen. Das Leben des Bischofs hat reiche Frucht eingetragen, von der unsere Zusammenkunft heute und hier der beste Beweis ist.“ Bischof Bursches Vermächtnis führt uns zugleichdie Verpflichtung vor Augen, offen und intensiv die gemeinsame Geschichte zu bedenken. Wer sie vergisst läuft sonst Gefahr, sie ständig zu wiederholen! Leider entbehrt diese alte Einsicht nicht einer gewissen Aktualität…

 

Christoph Ehricht