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Internationale Bonhoeffer-Tage in Stettin am 16. und 17. Juni 2018

 

Mitglieder mit Begegbungstagung versammlung vom 23.-25.11. in der Versöhnungskirche in Travemünde

 

6. Studientag der AG für pommersche Kirchengeschichte:

„Pomerania non cantat?“ – Pommern singt nicht?

 

 

 

Der Konvent Evangelischer Gemeinden aus Pommern

ein Überblick über die fünfzigjährige Geschichte Teil 1

Bei Kriegsende hatten die braunen Machthaber in Pommern weitgehend ihren Kredit verspielt; sie waren es auch, denen am ehesten noch die rettende Flucht in den Westen gelang, während es im östlichen Hinterpommern für die Bevölkerung kaum ein Entrinnen gab. Nach polnischen Statistiken lebten im August 1945 mehr Deutsche in den Kreisen Köslin, Schlawe und Stolp als 1939 - z.T. waren es Bombenflüchtlinge aus dem Westen oder Flüchtlinge aus Ost- und Westpreußen, die in Pommern eingekesselt worden waren. Die einzigen Autoritäten waren damals die Pastoren und ihre Frauen, Kirchenälteste und Gemeindeschwestern. Einige Pastoren hatten sich sogar vom Westen aus wieder zu ihrer Gemeinde im Osten durchgeschlagen, nachdem sie aus der Kriegsgefangenschaft entlassen worden waren.

Als die Pastoren endgültig die Oder überquert hatten, schrieben sie als erstes einen Bericht an das pommersche Konsistorium, das von Stettin nach Greifswald verlagert worden war. Diese Berichte liegen noch unbearbeitet dort: vor der Wende war es politisch nicht opportun, auf sie zu verweisen, nach der Wende fehlte es an Mitarbeitern. Dazu hat Carlies Maria Raddatz in den Baltischen Studien 1996 (S. 132-147) einen Aufsatz verfaßt "Flucht und Vertreibung in der Wahrnehmung der deutschen Gemeinden in Ostpommern 1945-1950. " Ehe sie die Arbeit vertiefen konnte, wechselte sie an das Archiv nach Dresden. Ich plane, ein elektronisches Findbuch dafür vorzubereiten.

 

Der pommersche Pastorenkonvent

Im Westen wurden die aus dem Osten vertriebenen Pastoren noch lange nicht in Amt und Würden eingesetzt; in vielen Fällen durften sie jedoch auf nicht besetzten Pfarrstellen die Vertretung übernehmen und hatten dadurch Zugriff zu einer Schreibmaschine und vielleicht auch zu Matrizen. So ausgerüstet verfaßten sie Rundbriefe an ihre alten Gemeindeglieder, stets mit einer Andacht verbunden, aber auch voller Adressen und Schilderungen über das Schicksal der Gemeindeglieder, die dadurch wieder voneinander hörten und Kontakt zu einander aufnehmen konnten. Da noch das Koalitionsverbot der Allierten herrschte, geschah diese seelsorgerliche Arbeit in der Halb-Legalität und wer hatte damit mehr Erfahrung als die Pastoren der Bekennenden Kirche (BK), die schon viele Jahre lang die staatlichen Organe umgangen hatten? So ist es kein Wunder, daß bis in die jüngste Zeit die Mitglieder der BK im Konvent besonders stark repräsentiert waren, obwohl sie nur 5-10% der pommerschen Pastorenschaft ausgemacht hatten. -- Zu den weltlichen Gründungsvertretern und steten Förderern des Pommernkonvents gehörte auch Wilhelm Hoffmann, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der Pom. Landsmannschaft.

Natürlich hielten auch die pommerschen Pastoren untereinander Kontakt. Bereits im August 1945 traf sich eine Gruppe von knapp vierzig hinterpommerschen Pastoren in Schleswig-Holstein zu einem "Konvent pommerscher Pastoren." Im Sommer 1946 kamen pommersche Vertreter aus allen westlichen und einigen östlichen Landeskirchen in Rendsburg zusammen. Im gleichen Sommer lud die Kanzlei der EKD Vertreter aller vertriebenen Ostkirchen nach Frankfurt ein und dort bildeten sich die "Hilfskomitees". Die meisten kirchlichen Organisationen führen in erster Linie die Bezeichnung "Hilfskomitee .... " (Später häufig auch " Gemeinschaft evangelischer .... "), während die Pommern auf dem Oldenburger Kirchentag 1947 offiziell den Namen Konvent evangelischer Gemeinden aus Pommern mit dem Untertitel "Hilfskomitee e.V." annahmen. Das führt zuweilen zu Verwechslungen, weil der Spitzenverband der Hilfskomitees sich "Konvent der zerstreuten evangelischen Ostkirchen" nennt. Inoffiziell nennen wir uns "Pommernkonvent" und den Zusammenschluß "Großen Konvent". Die damalige Aufgabe wurde als "Seel- und Leibsorge an den pommerschen Vertriebenen " definiert.

Damals versuchten 250-300 pommersche Pastoren ihre Gemeinden durch Rundbriefe zusammenzuhalten. Seit Mai 1949 wurde die "Pommersche Heimatkirche" dem "Pommernbrief", einem der Vorgänger der Pommerschen Zeitung beigelegt. Wiederum ein pommerscher Sonderweg, denn die anderen Hilfskomitees gründeten ihre besonderen Mitteilungsorgane, während wir Seite an Seite mit der allmählich entstehenden Landsmannschaft wirken wollten. Das ging auch ganz gut, weil die Mehrzahl der Landsleute kirchlich geprägt war. Und wer sich persönlich von der Kirche abgewandt hatte, lebte doch immerhin in dem Bewußtsein, daß bei der über siebenhundert jährigen pommerschen Tradition Christianisierung und Besiedlung durch die Deutschen eng verzahnt sind, das eine ist nicht ohne das andere zu denken: wer kann an Pommern denken, ohne die Kirchen vor Augen zu haben, wer kann den Einfluß der Pastoren auf die Gemeinden ausklammern? Allein die Pastoren führten die Personenstandsregister bis 1874 und waren bis 1919 für den Schulunterricht verantwortlich, noch in unserem Jahrhundert waren die Lehrer häufig zugleich Küster und Organisten.

Pastor D. Gehlhoff war der erste Vorsitzende. Er starb zu früh, wie auch sein Nachfolger Sup. Dr. Klaus Harms.Schon damals kümmerte sich Frau Pastor Gehlhoff intensiv um die in der Heimat verbliebenen evangelischen Deutschen und sie nimmt noch heute regen Anteil an den heimatverbliebenen und den heimatvertriebenen Pommern. Gehlhoffs Nachfolger war Pastor H.J. Bahr, ebenfalls intensiv unterstützt von seiner Frau. Als er mit 80 das Pensionsalter für Ehrenamtliche erreichte, übergab er auch die Schriftleitung der Heimatkirche die erstmalig nicht vom Vorsitzenden geführt wurde, sondern vom Schriftführer (später stellvertr. Vorsitzender)redigiert wurde, nämlich Pastor Marzahn. Der zwischenzeitlich verstorbene Pastor Bahr meldete sich auch noch als über Hundertjähriger mit Briefen und Andachten zu Wort.

 

Die siebziger und achtziger Jahre im Westen

Im März 1971 wurde der Pommernkonvent als "e.V." auf eine breitere Basis gestellt, seit der Zeit werden Mitgliedsbeiträge erhoben und nicht mehr jeder Pastor ist automatisch Mitglied des Pommernkonvents, dafür treten verstärkt Laien ein - damals hieß es in der Satzung: "Auch ein Laie sollte im Vorstand vertreten sein." Heute müssen wir den Satz fast umkehren und gezielt nach Theologen Ausschau halten, die bereit sind, im Vorstand mitzuarbeiten. Aber zunächst führten weiter Pfarr"herren" den Vorsitz. Als dritter war es Pastor Bahr; als er sich dem neunten Lebensjahrzehnt näherte, folgte ihm Sup. von Scheven, der Sohn des ersten Greifswalder Nachkriegsbischofs, der während seiner zweiten Amtszeit starb. Sein bisheriger Stellvertreter, Min.R. Erhard W. Appelius wurde amtierender Vorsitzender, später von 1981-1989 erster Vorsitzender. Repräsentation und Wirkung nach außen lagen ihm am Herzen. Dazu dienten die Kirchentage: Minden 1973, Celle 1975, Bonn 1977, Lübeck 1979, Berlin 1981, Iserlohn 1983, Göttingen 1985, Solingen 1987 und Eutin 1989. In den dazwischen liegenden Jahren gab es Arbeitsseminare mit etwa 30 Teilnehmern.

Zum Celler Kirchentag strömten noch rund 500 Teilnehmer. Die Kirchentage liefen nach folgendem Schema ab: am Freitag Empfang durch den Konvent für die Honoratioren - am Samstag zahlreiche Grußworte und Festvortrag durch einen pommerschen Professor, ganz kurze Mitgliederversammlung, Empfang der jeweiligen Stadt für den Konventsvorstand, nachmittags "Stunde der Begegnung", anfangs wiederum mit Vorträgen, später mit offenem Singen und kleineren Beiträgen aus der Arbeit, abends Orgelkonzert, am Sonntag Festgottesdienst und nachmittags Ausflug in die Umgebung. Der Nachteil war, daß die höheren Chargen und das Fußvolk dabei zu oft getrennte Wege gingen und die normalen Mitglieder zuwenig Gelegenheit hatten, zum Vorstand Kontakt aufzunehmen.

Auf E. W. Appelius folgte mit Pastor Meinhof wieder ein Pastor, allerdings einer, der erst nach dem Kriege mit dem Studium begonnen hatte. Unter ihm wurde die Ostwendung intensiver: er besuchte selber die Gemeinden in der doppelten Diaspora in Hinterpommern und hielt dort auch lange Grußworte, die man schon als Predigten bezeichnen könnte. Auch Dr. R. Scheller, die ehrenamtliche Geschäftsführerin hatte die Betreuung (häufig auch Doppelbetreuung) von Einzelnen auf die systematische Betreuung der Gemeinden umgestellt. Seit 1974, 1977, dann alljährlich seit 1979 - meistens die gesamten Sommerferien - besuchte sie hinterpommerschen Gemeinden, begleitete die Pastoren auf ihren Fahrten, machte teils mit ihnen zusammen, teils allein "Kaffeeklatsch", "Bibelstunde" oder Seniorenrunde, je nachdem, welcher Ausdruck gerade politische genehm war. Zahlreiche Hausbesuche und intensiver Briefkontakt - fast eine Art "Brief-Seelsorge" -gehören zu den traditionellen Aufgaben, die sich der Konvent stellt. Beständigkeit ist besonders deswegen für die dortigen Gemeindeglieder wichtig, weil die Stolper Pastoren bis 1982 zu häufig wechselten und in den Westen ausreisten.